Neureuter Feuerwehr für sechs Tage an der Jagst im Einsatz

Verfasst von Dirk Schelling am . Veröffentlicht in Presseberichte

In der Zeit vom 30.08. bis 04.09.2015 beteiligte sich die Neureuter Feuerwehr mit dem Wasserfördersystem „Hytrans Fire System“ (HFS) an der Rettungsaktion des Flusses „Jagst“ im Landkreis Heilbronn.
Der Einsatz Nummer 83 des laufenden Jahres, wird aufgrund seines Umfangs sicherlich einen festen Platz in der Chronik der Abteilung Neureut der Freiwilligen Feuerwehr Karlsruhe bekommen. Als man im Vorfeld in den Medien von dem Brand einer ehemaligen Mühle in Kirchberg an der Jagst hörte, hatte sicherlich noch niemand damit gerechnet, dass die Auswirkungen dieses Einsatzes auch einmal die Neureuter Feuerwehr betreffen würden. Am Samstag, dem 22. August 2015 brannte es in einem ehemaligen Mühlenbetrieb in Kirchberg (Kreis Schwäbisch Hall). Wie die Medien berichteten, mischte sich bei den Löscharbeiten Ammoniumnitrat aus dort gelagerten Düngemitteln mit dem Löschwasser und gelangte über ein Rückhaltebecken in die Jagst. Im Fluss bildete sich in der Folge eine „Schadstofffahne“ von mehreren Kilometern Länge, die in ihrem weiteren Verlauf ein massives Fischsterben auslöste. Entlang des Flusses waren in den Tagen nach dem Brandeinsatz bereits zahlreiche Feuerwehren und das Technische Hilfswerk im Einsatz, um dem Wasser durch Umpumpen Sauerstoff zuzuführen und somit den Schaden einzudämmen.

Durch den Landkreis Heilbronn erfolgte zur Unterstützung dieser Maßnahme die Anforderung der insgesamt vier HFS aus Heilbronn, Mannheim, Stuttgart und Karlsruhe im Rahmen einer Überlandhilfe. Bei diesen Wasserfördersystemen handelt es sich um spezielle Systeme, welche zur Wasserförderung über lange Wegstrecken konzipiert sind und eine Förderleistung von je 8000 ltr./min besitzen. Insgesamt stehen in Baden-Württemberg sieben solcher Systeme zur Verfügung, welche im Jahr 2010 durch das Land Baden-Württemberg beschafft wurden. Das Karlsruher HFS war auch in der Vergangenheit bereits mehrfach überörtlich im Einsatz.

Während durch Herrn Dr. Pulm von der Karlsruher Branddirektion die Maßnahme mit den entsprechenden Dezernaten der Stadt Karlsruhe und dem Bezirksbrandmeister abgestimmt wurden, erfolgte auch in Neureut eine Abfrage bei den Feuerwehrangehörigen um festzulegen, welches Personal für den Aufbau des Systems nach Jagsthausen fahren wird. Schließlich stand fest, dass sich das Wechselladerfahrzeug mit dem Abrollbehälter Wasserförderung und dem Mannschaftstransportfahrzeug aus Neureut am Sonntag, 30. August am frühen Morgen mit sechs Feuerwehrangehörigen unter der Führung des Abteilungskommandanten Harald Nagel auf den 140 km langen Weg nach Jagsthausen machen wird.

Nachdem vor Ort eine Einweisung erfolgte, wurde das System aufgebaut und gemeinsam mit der Stuttgarter Einheit bereits um 10:00 Uhr in Betrieb genommen. Für den eigentlichen Betrieb blieben drei Kameraden vor Ort, die übrigen Kräfte konnten vorrübergehend wieder zurück nach Neureut fahren. Bereits am gleichen Tag verschaffte sich Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall, der selbst aus dem Landkreis Heilbronn stammt und bei der Freiwilligen Feuerwehr engagiert ist, einen Überblick über die laufenden Maßnahmen. Vor Ort war man an den Führungsstab in Möckmühl angebunden, der die Arbeiten koordinierte. Von hier aus erfolgte auch am Sonntagabend die Order, den Pumpbetrieb zunächst einzustellen, da sich die Schadstofffahne nicht so schnell näherte wie erwartet. Schließlich wurde am 31. August um 10.00 Uhr der Pumpbetrieb wieder aufgenommen. Nachdem Dr. Pulm an diesem Montag zu einem Gespräch mit dem Führungsstab nach Jagsthausen gekommen war, zeichnete sich ab, dass die Maßnahme über eine längere Zeit aufrechterhalten werden muss. Daher forderte er den in Neureut stationierten Abrollbehälter Aufenthalt nach, welcher mit einem Wechselladerfahrzeug der Berufsfeuerwehr vor Ort gebracht wurde. Der Abrollbehälter Aufenthalt lieferte ergänzend zu den aufgestellten Pavillons wertvolle Dienste. Somit hatten die Kameraden einen adäquaten Wetterschutz bei schlechtem Wetter und in der Nacht mit Strom- und Wasseranschluss.

Durch Zugführer Christian Rieke erfolgte eine Abfrage der möglichen Einsatzkräfte. Das System sollte ab sofort in einem 12 Stunden Schichtdienst mit jeweils drei Feuerwehrangehörigen betrieben werden. Innerhalb weniger Stunden musste somit die Abkömmlichkeit der Einsatzkräfte, zum Beispiel mit den Arbeitgebern, geklärt und ein Schichtplan erstellt werden. Von nun an lief das System ohne Pause bis Freitagmorgen, den 4. September um 7.00 Uhr - also für 93 Stunden – durch. Das Personal löste sich jeweils um 8.00 Uhr am Morgen und um 20.00 Uhr am Abend ab. Für die Einsatzkräfte kam weiterhin die Fahrzeit je Strecke von rund zwei Stunden dazu.

Auch auf den Führungsstab in Möckmühl kamen große logistische Aufgaben zu. Schließlich waren die Wasserfördersysteme aus Stuttgart und Karlsruhe nicht die einzigen Einheiten vor Ort. Ebenfalls im Einsatz waren zahlreiche Feuerwehren aus der Umgebung und auch das Technische Hilfswerk. In Summe mehr als 200 Einsatzkräfte. So wurde die Versorgung mit Kraftstoff organisiert, die Verpflegung der Einsatzkräfte geplant und die Einsatzstellen mit Chemietoiletten ausgestattet.

Am Nachmittag des 1. September besuchten der Baden-Württembergische Umweltminister Franz Untersteller, Heilbronns Landrat Detlef Piepenburg und der Stuttgarter Regierungspräsident Johannes Schmalzl die Einsatzstelle an der Jagstbrücke. Dort informierten sie sich im Gespräch mit den freiwilligen Einsatzkräften aus Neureut und Stuttgart-Birkach über die Lage vor Ort. Sie dankten ausdrücklich dem eingesetzten Personal für die nicht selbstverständliche Tätigkeit.

Zunächst beabsichtigte man das System bis Mittwoch, den 09.09. zu betreiben. Auch für diesen Zeitraum war bereits ein Schichtplan durch die Abteilung Neureut aufgestellt worden. Die regelmäßig ausgewerteten Wasserproben der Jagst führten jedoch bereits zum Ende der Woche dazu, dass die Verantwortlichen aufgrund der stark gesunkenen Belastungswerte die Aktion zum Freitag hin beendeten.

Abschließend mussten, nochmals verstärkt durch zusätzliches Personal aus Neureut und zwei Mann Besatzung des Wechselladerfahrzeugs der Berufsfeuerwehr, die Komponenten wieder abgebaut und zurück nach Karlsruhe gebracht werden. Der Einsatz endete am 04.09. um 14:44 Uhr.

Die Abteilung Neureut war somit insgesamt 129 Stunden durchgehend im Einsatz. Durch insgesamt 23 Kameradinnen und Kameraden wurden in dieser Zeit 477 Stunden ehrenamtlich aufgewendet. Das HFS war bei diesem Einsatz 100 Stunden in Betrieb und wälzte in dieser Zeit rechnerisch 48 Millionen Liter Wasser um.

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